Lose Enden

oder: die Muli-tasking Lüge

Nachdem der Auszeit-Effekt so langsam aber sicher verpufft, muss ich mir die Frage stellen was mir in meinem Job die meiste Energie raubt. Ist es die Klassenleitung in 5 oder sind es die pubertierenden 8er? Oder doch die Oberstufe, die auf das zentrale Abitur vorbereitet werden will? Etwa die Elterngespräche, Referendarsbetreuung oder Konferenznachmittage? Es ist das Gesamtpaket an losen Enden, die danach schreien erledigt zu werden. Nicht nur im Lehrerberuf muss man damit leben lernen, manches nur halb fertig zu machen.

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Der Auszeit-Effekt

Sechs Monate raus aus dem Alltag und rein in ein Leben ohne von außen auferlegte Pflichten und Termine. Das Resultat: Ganz viel Gelassenheit, innerer Frieden und ein gestärktes Bewusstsein für die eigenen Grenzen. Doch wie lange hält er an, der Auszeit-Effekt? Und was kann ich tun, um mich wieder in diesen Zustand zurück zu versetzen? Der Auszeit-Effekt weiterlesen

Nur Heute

Eine liebe Freundin hat mir dieses Zitat auf dem Silbertablett serviert, danke!!!

Heute will ich glücklich sein. Deshalb glaube ich, was Abraham Lincoln sagte: „Die meisten Menschen sind so glücklich, wie sie sein wollen“. Glück kommt von innen, es hat mit äußeren Umständen nichts zu tun.

Heute nehme ich alles, wie es ist und zwinge den Dingen nicht meinen Willen auf. Familie, Arbeit und Glück – ich nehme es, wie es kommt und stelle mich darauf ein.

Heute kümmere ich mich um meinen Körper. Ich bewege ihn, pflege ihn, ernähre ihn und vernachlässige und missbrauche ihn nicht, damit er so perfekt reagiert, wie ich es mir wünsche.

Heute trainiere ich meinen Geist. Ich lerne etwas Nützliches und faulenze nicht, sondern lese etwas, das Anstrengung, Konzentration und Denkarbeit verlangt.

Heute mache ich drei Seelenübungen: Ich erweise jemand einen Gefallen, ohne dass er es merkt, und tue zwei Dinge, die ich nicht gerne tue, um in Übung zu bleiben, wie William James das nennt.

Heute möchte ich erfreulich sein. Ich mache mich so hübsch wie möglich, ziehe mich nett an, spreche leise, bin höflich, lobe oft, kritisiere niemand, nörgle nicht und versuche nicht, andere zu ermahnen oder zu verbessern.

Heute lebe ich allein für diesen Tag und versuche nicht, alle Probleme meines Lebens auf einmal zu lösen. Zwölf Stunden lang kann ich Dinge tun, die ich hassen würde, wenn ich sie mein ganzes Leben tun müsste.

Heute mache ich mir ein Programm. Ich teile die Zeit genau ein und schreibe es mir auf. Vielleicht halte ich die Einteilung nicht durch, aber immerhin habe ich sie gemacht. Damit vermeide ich zwei lästige Übel: Eile und Unentschlossenheit.

Heute nehme ich mir eine ruhige halbe Stunde und entspanne mich. In dieser halben Stunde denke ich auch an Gott um in mein Leben eine größere Dimension zu bringen.

Heute bin ich ohne Angst, vor allem habe ich keine Angst davor, glücklich zu sein, das Schöne zu genießen, zu lieben und zu glauben, dass die Menschen mich auch lieben.

Quelle: Carnegie, Dale: Sorge dich nicht, lebe. Frankfurt: Fischer Scherz, 1998. S. 140f.

Homeschooling Teil 2


Nach drei Monaten gilt es, erneut Fazit zu ziehen. Wer das Experiment von Anfang an verfolgt hat, wird sich an die Muschelgeschichte erinnern. Die Neuausrichtung wurde von den Kindern gut aufgenommen und wir arbeiteten einige Wochen am Muschelprojekt. Wir besorgten Bücher, mit deren Hilfe wir alle gesammelten Exemplare bestimmen konnten. Unsere ersten Fragen (es gibt übrigens Süßwassermuscheln!) lösten Neue aus und wir weiteten unsere Forschungen auf das gesamte Mittelmeer aus. Eine Führung im hiesigen Hafen brachte zusätzliche Einblicke und warf erste Zweifel in Sachen Fischerei auf. Vor 20 Jahren gab es hier 50 Fischerboote. Heute gibt es gerade noch die Hälfte. „Wie lange kann das so weitergehen und werden wir eines Tages das Meer leer gefischt haben?“, fragten sich die Kinder nach der Besichtigung betrübt. Meiner Ansicht nach sind es gerade diese Gespräche und die Zeit, das ‚Warum?’ zuzulassen um vom Hundertsten ins Tausende zu springen, die diese Art des Lernens so fruchtbar machen.

Im Moment wandeln wir auf Asterix’ und Obelix’ Spuren ins alte Rom. Ich kann es nicht lassen und schmuggele hier und da ein wenig Geographie (Schauen wir doch mal auf der Karte wie groß das römische Reich war…), Mathematik (Weißt du, dass die Römer andere Zahlen benutzten?), Sprache (Kommt dir das Wort ‚dulce’ bekannt vor?) ein. Aber meist müssen wir doch Bücher oder das Internet zurate ziehen, denn woher soll ich wissen ob es einen Zenturio namens Gaius Bonus wirklich gab oder wie viele Gladiatoren begnadigt wurden?

Eine grundlegende Frage stellt sich mir allerdings immer wieder: Wie bekomme ich mein Kind dazu, sich auch mit jenen Aufgaben zu beschäftigen, die es nicht mag? Bei meinem Sohn ist es das Lesen. Wie kann ich jemanden für das Lesen von Büchern begeistern, der sich schwer tut, einen Satz zu lesen? Diese Abneigung ist für mich besonders schwer nachvollziehbar, weil ich selbst als 8-jährige oft bis spät in die Nacht unter der Decke mit der Taschenlampe las.

Also habe ich mir folgende Strategien und Motivationstricks ausgedacht:

  1. „Lass uns mehr über Fischzuchtanlagen herausfinden…!“ Da erlosch die Begeisterung für das Thema durch die daran gebundene Bedingung, sich die Informationen selbst lesend beschaffen zu müssen.
  2. „Komm, wir recherchieren mal im Internet was da zu den Gladiatoren steht!“  Auch hier ähnliche Ermüdungserscheinungen.
  3. „Wollen wir Asterix lesen?“. Eine Weile lang lief das sehr gut, da die (Sprechblasen)texte relativ kurz sind und die bildliche Unterstützung gleich mitliefern. Doch bald litt der Lesegenuss unter dem holprigen Lesefluss.
  4. „Wenn du zwei Seiten liest, dann lese ich dafür heute Abend ein Kapitel mehr vor.“ Das Belohnungslesen war ein Flop. Stattdessen wurde sogar weniger Vorlesezeit in Kauf genommen, wenn man sich dafür den eigenen Lesekrampf ersparte.

An dieser Stelle unterbreche ich die Liste meiner Bemühungen, um meine Schlussfolgerungen aus dieser wichtigen Lektion zu ziehen. Wichtigste Erkenntnis: Jedes Kind ist anders und begeistert sich demnach auch für unterschiedliche Dinge. So öffnen sich die „Fenster“ entsprechend früher oder später (oder gar nie!). Es ist eine Frage der Geduld und des Respekts. Will ich auf Biegen und Brechen etwas vermitteln oder warte ich ab bis die Bereitschaft dafür da ist? Soll ich riskieren, dass er nie gerne liest? Bin ich etwa sogar selbst schuld daran, weil ich abends stundenlang vorlese und somit keine Notwendigkeit besteht, selbst zu lesen? Ich bin vorerst zu dem Schluss gelangt, dass es keinen Grund zur Panik gibt. Er kann lesen. Er liest Wörter, Sätze und kleine Texte. Es ist mühsam und macht ihm keinen Spaß. Dafür denkt er sich gerne Geschichten aus, ist kreativ wenn es darum geht, den Fortgang eines Romans weiterzuspinnen und er kann sich sehr differenziert ausdrücken. Auch wenn es mir schwer fällt, muss ich akzeptieren, dass Lesen nicht zu seinen Lieblingsbeschäftigungen zählt. Seit ich nicht mehr darauf bestehe, dass „wir“ jeden Tag ein paar Seiten (laut!) lesen, habe ich ihn sogar schon dabei erwischt wie er sich selbst ein Buch schnappt, um ein wenig darin zu lesen wenn gerade kein Vorleser verfügbar ist.

Zweite wichtige Erkenntnis: Ein Projekt zeichnet sich dadurch aus, dass es ergebnisoffen ist. Lehrer haben gerne die Zügel (also die Lösungen) in der Hand, um ihre Schäfchen ins (vom Lehrplan vorgegebene) Trockene zu bringen. Im Moment habe ich gar nichts in der Hand und weiß auf die wenigsten Fragen eine Antwort. Das ist eine neue, gute (!!) Erfahrung und gibt den Kindern auch das Gefühl, dass wir gemeinsam und ernsthaft nach Antworten suchen. Mal sehen wo es uns als nächstes hintreibt…

Veränderung

Erstes Kapitel: Ich gehe die Straße entlang, und plötzlich gähnt vor mir im Bürgersteig ein tiefes Loch. Ich falle hinein; ich komme mir hilflos und verloren vor – aber es ist nicht meine Schuld. Ich brauche ewig, um wieder aus dem Loch herauszukommen.

Zweites Kapitel: Ich gehe wieder dieselbe Straße entlang, und wieder gähnt vor mir im Bürgersteig ein tiefes Loch.  Ich tue so, als sähe ich es nicht, und falle wieder hinein. Ich kann nicht glauben, dass ich schon wieder im selben Loch stecke – aber ich bin nicht schuld daran. Wieder brauche ich lange, um herauszukommen.

Drittes Kapitel: Ich gehe dieselbe Straße entlang, und wieder gähnt vor mir im Bürgersteig ein tiefes Loch. Diesmal sehe ich es –  aber ich falle trotzdem hinein. Inzwischen habe ich mich schon daran gewöhnt. Aber meine Augen sind offen; ich weiß, wo ich bin. Ich übernehme die Verant-wortung für mein Mißgeschick und klettere sofort hinaus.

Viertes Kapitel: Ich gehe wieder diese Straße entlang, und vor mir im Bürgersteig gähnt ein tiefes Loch. Ich gehe außen herum.

Fünftes Kapitel: Ich gehe eine andere Straße entlang.

Portia Nelson: „An Autobiography in Five Short Chapters“ zitiert nach Millman, Dan: Die Goldenen Regeln des friedvollen Kriegers. München: Heyne, 2008.

Es ist so furchtbar schwer, aus alten Mustern und Gewohnheiten auszubrechen, aber ich glaube mittlerweile im dritten Kapitel angelangt zu sein.

Wie ich der Schlummertaste die Freundschaft kündigte

Vor wenigen Monaten: Mein Radiowecker geht 22 Minuten vor. Vor dem Schlafengehen stelle ich ihn eine Stunde früher als ich eigentlich aufstehen müsste, also auf 4.50 Uhr (in Wirklichkeit 4.28 Uhr). Wenn dann der Wecker das erste Mal klingelt drücke ich erleichtert die Schlummertaste, denn ich muss ja erst in 82 Minuten aufstehen und darf noch – lass mich rechnen: 82 geteilt durch sieben ist gleich elf Komma irgendwas – also elfmal auf die Schlummertaste drücken ehe ich aufstehen muss. Welch ein Glück! Wie ich der Schlummertaste die Freundschaft kündigte weiterlesen

To-do-Listen leiten sich von ‚tun’ ab

oder: „Handeln ist Nichthandeln überlegen“ (Bhagavad Gita III, 8)

Ich bin eine große Freundin von To-do-Listen, besonders in den Ferien. Ungefähr so sah meine letzte Liste aus:

  • Materialien des letzten Schuljahres sortieren und abheften (…eigentlich seit 2009/10)
  • Fotos in Kinderalben kleben
  • Kleiderschränke und Kinderzimmer ausmisten
  • Kondition verbessern

Was passiert jedoch meistens? Ich prokrastiniere und es bleibt bei der guten Absicht. Mit den unerledigten Listen wächst mein Unmut und Frust darüber, nicht gehandelt zu haben. Dabei weiß jeder wie gut es sich anfühlt wenn man endlich den Termin zur Routinekontrolle beim Zahnarzt vereinbart (und einhält) oder gar den lange aufgeschobenen Beihilfeantrag stellt! To-do-Listen leiten sich von ‚tun’ ab weiterlesen

Experiment homeschooling

Wenn man sich eine Auszeit nimmt und schulpflichtige Kinder hat, dann hat das Konsequenzen. Mein Fazit nach zwei Wochen: Ich habe erfolgreich meiner Kinder Lust am Lernen zerstört. Am ersten Tag nach unserer Ankunft waren mein Sohn, 8 Jahre alt, und meine Tochter, 5 Jahre alt, geradezu versessen darauf, sich von Mama unterrichten zu lassen. Und jetzt…?

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